Aus Manchester berichtet Boris Rupert
Tag der Torhüter vor44.000 Besuchern im nicht ganz ausverkauften City of
Manchester Stadium: Roman Weidenfeller und Joe Hart verhinderten mit
jeweils vier spektakulären Paraden im ersten Durchgang einen
4:4-Halbzeitstand. So ging eine intensive, hochklassige Partie torlos in
die Pause. Reus nutzte nach einer Stunde eine von vielen hochkarätigen
Chancen der Borussia zur verdienten 1:0-Führung, Dortmund verpasste
indes das zweite Tor und wurde in der 90. Minute durch Balotellis
umstrittenes Handelfmetertor um zwei Punkte gebracht.
Ausgangslage:
Der BVB war mit einem 1:0-Sieg gegen Amsterdam gestartet. ManCity
wiederum hatte zum Auftakt unglücklich mit 2:3 bei Real Madrid verloren
und stand somit vor dem Anpfiff unter Druck. Die Engländer setzten auf
ihre Heimstärke: Von den vorangegangenen 17 Partien in UEFA-Wettbewerben
hatten sie zu Hause keine einzige verloren. Die letzte Heimniederlage
gab es 2008. Borussia Dortmund wiederum hatte die letzten drei
Auswärtsspiele in der Königsklasse verloren, nachdem man zuvor (zwischen
2004 und 2011) in sieben aufeinanderfolgenden Gastspielen in Europa
ungeschlagen geblieben war.
 |
Sven Bender |
Personalien:
Mit Ausnahme von Owomoyela, der sein Aufbautraining in Dortmund
betreibt, war der komplette Kader mit nach England gereist. Somit
mussten vor dem Anpfiff drei Akteure (Kirch, Bittencourt, Löwe) auf die
Tribüne. Im Vergleich zum 5:0 in der Liga gegen Gladbach kamen
Lewandowski (für Schieber) und Bender (für Kehl) ins Team. Für Bender
war es nach Leisten-OP und Erkältung der erste Einsatz von Beginn an in
dieser Saison. Bei City saßen Balotelli und Tevez zunächst auf der Bank.
Taktik:
Drei Varianten waren im Vorfeld "heiß gehandelt" worden - keine davon
traf zu: ManCity lief in einer 4-4-2-Grundordnung auf, wobei Nasri
selten auf dem linken Flügel zu finden war, sondern nach innen zog auf
die "10" und Platz machte für den nachrückenden Linksverteidiger Clichy.
Borussia versuchte, in eine 4-3-3-Grundordnung zu kommen, die Räume zu
schließen und die Offensive vom Nachschub abzukoppeln. Mit intensivem
Pressing gelang dies hervorragend. Zehn Minuten vor Schluss stellte
ManCity um auf 3-4-3. Balotelli kam als dritte Spitze.
Spielverlauf & Analyse:
23 Sekunden waren gespielt, als Dzeko an der Strafraumlinie mit der
Hacke weiterleitete auf Nasri, der am glänzend aufgelegten Weidenfeller
scheiterte. Es war die erste von vier Glanzparaden des BVB-Kapitäns, der
in einer phantastischen ersten Halbzeit jedoch im Schatten seines
Gegenübers Hart stand, der zwei Götze-Schüsse ans Aluminium lenkte und
mit Paraden gegen die frei vor ihm aufgetauchten Götze und Gündogan zwei
weitere Male glänzend parierte.
 |
Dzeko wählt den Weg durch die Mitte, kommt aber nicht an Gündogan und Hummels vorbei. [Fotos: firo] |
Doch der Reihe nach. In einer packenden, intensiven Partie auf
allerhöchstem Niveau begegneten sich der englische und der Deutsche
Meister mit offenem Visier. 12:7 Torschüsse aus Sicht der Borussia
zählten die Statistiker nach atemberaubenden ersten 45 Minuten mit
Vollgasfußball auf beiden Seiten.
Zunächst musste Weidenfeller gegen den aus abseitsverdächtiger Position
aufgetauchten Agüero ein zweites Mal sein Können aufbieten (8.), doch
dann kam die Borussia, die bis dahin zwei Kopfballversuche von
Lewandowski verbucht hatte, immer stärker auf. Lewandowski leitete
weiter auf Götze, der Kompany aussteigen ließ, aber mit seinem Schuss
aus 14 Metern seinen Meister in Hart fand, der die Kugel noch an den
Pfosten lenken konnte (12.). Subotic verfehlte mit einer Direktabnahme
knapp das Ziel (36.), und dann kam es binnen weniger Sekunden zwei Mal
zum direkten Duell zwischen den überragenden Götze und Hart. Beide Male
war Reus der geniale Einfädler. Doch Götze scheiterte sowohl mit einem
Schuss aus halblinker Position an Englands Nationalkeeper als auch aus
vollem Lauf und etwa 16 Metern Torentfernung, als Hart den Schuss noch
an die Latte lenken konnte (39.). Damit nicht genug: Lewandowski
bediente Gündogan, der aus acht Metern blitzschnell abschloss, doch auch
hier war Hart nicht zu überwinden.
 |
Mats Hummels machte nicht nur gegen Edin Dzeko ein Klassespiel. |
Aber
auch auf der anderen Seite gab es spektakuläre Szenen: Silva bediente
Dzeko, doch Weidenfeller bewies hier ebenso seine Klasse wie bei Agüeros
18-Meter-Schuss, den er über den Querbalken lenkte (27./35.). Glück für
den BVB in der 45. Minute, als Dzeko Zabaletas Hereingabe verpasste und
Silva ziemlich freistehend das Spielgerät am langen Pfosten über die
Latte bugsierte.
Im zweiten Durchgang ging es nahtlos so weiter - und wieder hieß der
Sieger zunächst Joe Hart. Nachdem Piszczek vom rechten Flügel
zurückgelegt hatte, schloss Götze aus zwölf Metern wuchtig ab, doch
Manchesters Schlussmann bekam noch die Fingerspitzen an den Ball und
lenkte ihn ab zur Ecke (54.).
Doch nach genau einer Stunde war dann auch Hart geschlagen. ManCity
vertändelte im Spielaufbau die Kugel, Reus erahnte den Leichtsinn
zwischen Rodwell und Kompany, sprintete dazwischen, zog unwiderstehlich
davon. Hart bekam zwar noch die Hand an den Schuss, diesmal aber konnte
er nicht mehr entscheidend abwehren, und es hieß 1:0 für den BVB, der
kurz darauf das zweite Tor hätte folgen lassen können. Lewandowski
spielte genau in die Schnittstelle, Reus war zur Stelle, spielte durch
die Beine von Hart, doch der bekam noch die Hacke ran - nur Ecke (65.).
Zwei Minuten später drehte Gündogan die Kugel Richtung Torwinkel, doch -
Sie werden es ahnen - Hart lenkte auch diesen Ball über den Querbalken.
 |
Marco Reus dreht jubelnd ab. Aber leider war es nicht das Siegtor... |
Nach
73 Minuten war Schluss für Hummels, der nach 60 Minuten bei einem
Kopfballduell auf dem Rücken gelandet war, kurz zuvor aber noch
Manchesters bis dahin beste Chance im zweiten Durchgang vereitelt hatte
(71.). Auch Gündogan musste mit einer Rückenverletzung verletzt raus
(82.).
Borussia hätte sich eine spannende Schlussphase ersparen und drei Punkte
eintüten können, wenn der perfekt freigespielte Lewandowski Gündogans
Hereingabe in der 76. Minute im und nicht neben dem Tor untergebracht
hätte. Doch so kam es, wie es kommen musste in solchen Spielen: Zunächst
konnte Weidenfeller gegen Agüero noch zur Ecke retten (87.), kurz
darauf kam der Sekunden zuvor eingewechselte Kehl nicht richtig zum
Kopfball, der Ball sprang zu Agpüro, der ihn Subotic aus kürzester
Distanz an die Hand schoss. Der einseitig pfeifende Schiedsrichter
Kralovec gab Elfmeter! Balotelli verlud Weidenfeller und traf in de 90.
Minute zum 1:1. In der Nachspielzeit gab es für Lewandowski noch die
Riesenchance zum Siegtor, doch Hart wehrte mit einem Reflex zur Ecke ab.
Ausblick:
Im siebten Spiel binnen 24 Tagen tritt der Deutsche Meister am Sonntag
(Anstoß 17.30 Uhr) in der Bundesliga bei Hannover 96 an. Nächster Gegner
in der UEFA Champions League ist am 24. Oktober Real Madrid. |